Der BGH hat ein Urteil des Landgerichts Potsdam gegen die AXA aufgehoben und zur weiteren Klärung an das Landgericht zurückverwiesen. Der BGH hält die Begründung des Landgerichts Potsdam, warum die Prämienerhöhungen unwirksam sein sollen, für nicht hinreichend tragfähig und fordert eine Nachprüfung unter weiteren Gesichtspunkten: Der BGH geht zwar zum einen davon aus, dass es auf die Unabhängigkeit des Treuhänders nicht ankomme (s. u.). Der BGH verlangt aber zum anderen, dass die weiteren Voraussetzungen einer Prämienerhöhung sorgfältig geprüft werden müssen. Außerdem hat der BGH erkennen lassen, dass die Begründung einer Prämienerhöhung keine Förmelei sein darf, weil dies ansonsten ebenfalls zur Unwirksamkeit der Prämienerhöhung führt.
Der BGH ist von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewichen und geht nunmehr davon aus, dass es beim Prämientreuhänder in der Krankenversicherung nicht auf dessen Unabhängigkeit ankomme. Die Unabhängigkeit des Prämientreuhänders soll demnach – anders als bei den Treuhändern, die Anpassungen von Versicherungsbedingungen zustimmen müssen – nicht von den Zivilgerichten zu überprüfen sein. Ob eine Prämienerhöhung wirksam ist oder nicht, sei daher nach anderen Kriterien zu prüfen.
Der BGH hat sich nicht ausführlich dazu geäußert, wie das Erfordernis in § 203 Abs. 5 VVG zu verstehen ist, wonach mit der Mitteilung der Prämienerhöhung auch deren maßgebliche Gründe
mitzuteilen sind. Er hat aber deutlich gemacht, dass es auf die Begründung ankommt. Hierzu liegen uns bereits mehrere Urteile von Landgerichten vor, wonach die Begründungen der AXA
und der DKV unzureichend sind. Auch etliche weitere Gerichte haben deutliche Zweifel geäußert, dass die bislang vorliegenden Begründungen ausreichend sind.
Es spricht daher vieles dafür, dass unsere Klagen auf Rückzahlung von Prämiendifferenzen schon wegen der unzureichenden Begründungen Erfolg haben werden.
Der BGH führt aus, dass eine Prämienerhöhung aus anderen Gründen unwirksam sein kann und dass die Gerichte dies umfassend prüfen müssen. Der BGH verweist auf seine bisherige
Rechtsprechung, wonach zu überprüfen ist, ob die Erhöhung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen korrekt war. Hierfür sieht das Gesetz vor, dass verschiedene Voraussetzungen
beachtet werden müssen. In den bisherigen Gerichtsverfahren hat sich gezeigt, dass die Versicherer in der Vergangenheit auch an dieser Stelle etliche Fehler gemacht haben.
Für Ihr Verfahren ist dies aus unserer Sicht ein ganz wesentlicher Aspekt: Zwar hat der BGH der Prüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders eine Absage erteilt. Jedoch haben wir bei
etlichen Versicherern Hinweise auf weitere Unwirksamkeitsgründe. Wir werden in den bereits laufenden Klageverfahren daher unseren Schwerpunkt nunmehr auf diese Umstände legen.
In den noch nicht anhängigen Verfahren hängt das weitere Vorgehen davon ab, bei welchem Unternehmen Sie versichert sind, weil es Unterschiede zwischen den einzelnen Versicherern gibt
(s. u.).
Der BGH hat den Fall eines einzelnen Mandanten entschieden. Theoretisch könnte der BGH seine Ansicht in jedem neuen Fall wieder ändern. Das ist allerdings relativ unwahrscheinlich,
denn der BGH hat in der mündlichen Verhandlung und in seiner Presseerklärung deutlich gemacht, dass er die zentralen Fragen für die Vielzahl derzeit streitiger Fälle klären
wollte.
Deshalb gehen wir davon aus, dass sich die Amts-, Land- und Oberlandesgerichte in der nächsten Zeit weitgehend an dem Urteil des BGH orientieren werden. Insbesondere mit Blick auf die
unzureichenden Begründungen sind wir zuversichtlich, dass im nächsten Jahr zu den Klagen, die wir bereits eingereicht haben, diverse weitere Urteile gegen Versicherer ergehen werden.
Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass Ihr Versicherer von sich aus die Ansprüche aller Versicherten regulieren wird. Daher muss auch weiterhin jeder Versicherte seinen
Anspruch individuell geltend machen.
Im Prinzip nein. Der BGH hat deutlich gemacht, dass er keinen Raum für eine absolute zeitliche Begrenzung (= Verwirkung) von Ansprüchen sieht. Auch eine Verjährung war für den BGH
kein Thema. Allerdings kann die Unwirksamkeit einer Prämienerhöhung dem BGH zufolge nicht auf die Abhängigkeit des Treuhänders gestützt werden.
Ob die bisherigen Prämienerhöhungen unwirksam sind und die zu viel gezahlten Prämien zurückgefordert werden können, hängt daher von der Prüfung der o. g. sonstigen
Unwirksamkeitsgründe ab.
Wenn die Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen der letzten Jahre aus einem der o. g. Gründe letztinstanzlich gerichtlich festgestellt wird, müssen Sie danach nur eine geringere Prämie
zahlen. Konkret müssen Sie dann solange nur Prämien in Höhe der letzten gültigen Prämie zahlen, bis Ihr Versicherer eine wirksame Prämienanpassung für die Zukunft vornimmt.
Bis zu einer endgültigen gerichtlichen Feststellung sollten Sie allerdings die Prämien nicht einseitig reduzieren, um Ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Die bis dahin
auflaufenden Differenzbeträge erhalten Sie nach einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung zu Ihren Gunsten verzinst zurück.
In den AXA-Fällen, DBV-Fällen und DKV-Fällen haben wir jetzt Klarheit, dass die Unwirksamkeit der Prämienerhöhungen mit überschaubaren Risiken geltend gemacht werden kann, nachdem der
BGH entschieden hat, dass es für die Wirksamkeit auf eine ordnungsgemäße Begründung ankommt. Auch bei Fällen mit anderen Versicherern, deren Begründung nach unserer Einschätzung den
gesetzlichen Erfordernissen nicht genügt, sehen wir gute Erfolgsaussichten bei überschaubaren Risiken.
Nachdem der BGH der Treuhänder-Thematik, auf die die meisten Gerichte bislang ihre Urteile gestützt haben, eine Absage erteilt hat, werden wir den Schwerpunkt unserer Argumentation
auf die unzureichenden Begründungen und die weiteren Fehler bei der korrekten Überprüfung der Berechnung legen. Dies hatten wir schon in unseren Klagen geltend gemacht, allerdings kam
es für die meisten Gerichte hierauf bislang nicht an.
Daneben werden wir allerdings auch noch die Urteilsbegründung des BGH gründlich überprüfen, sobald sie uns vorliegt. Denn der BGH will die in § 203 Abs. 2 VVG ausdrücklich genannte
Unabhängigkeit des Treuhänders bereits dann annehmen, wenn seine Bestellung durch die BaFin einmal akzeptiert wurde. Dies wirft die Frage auf, wie gewährleistet werden soll, dass der
Treuhänder auch nach seiner einmal erfolgten Bestellung unabhängig bleibt. Aus unserer Sicht kommt durchaus in Betracht, dass der BGH die Grundrechte der Versicherten nicht
ausreichend beachtet hat, weshalb wir eine Verfassungsbeschwerde prüfen werden.
Sofern Sie zu denjenigen Versicherungsnehmern gehören, die formelhaft begründete Erhöhungsmitteilungen erhalten haben, gehen wir davon aus, dass weiterhin gute Chancen bestehen, die
zu viel gezahlten Prämien – oder zumindest einen nicht geringen Teil der von uns für sie errechneten Ansprüche – auch gerichtlich durchzusetzen.
Für Ihre zukünftigen monatlichen Prämien bedeutet dies, dass sie die erhöhten Prämien in jedem Fall zunächst weiter zahlen sollten, um sie nach dem Erfolg mit einer Klage verzinst
zurückzuerhalten, s. o.
Da sich der BGH zu dieser Thematik nicht geäußert hat, gehen wir weiterhin davon aus, dass Rückzahlungsansprüche erst nach 10 Jahren verjähren werden. Aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht haben wir allerdings ergänzende Maßnahmen ergriffen, um eine Verjährung der Rückzahlungsansprüche soweit möglich zu verhindern. Dies betrifft alle laufenden Mandate, in den noch keine Klage eingereicht wurde.
Wenn wir bereits für Sie Klage eingereicht haben, dann werden wir den Schwerpunkt unserer Argumentation noch stärker auf die unzureichenden Begründungen und die weiteren Fehler legen. Wir sind mit Blick auf unsere bisherigen Erkenntnisse zu den sich nunmehr stellenden Fragen optimistisch, dass wir Ihr Verfahren für Sie gewinnen können.
Wenn wir bereits für Sie Klage eingereicht haben, dann werden wir den Schwerpunkt unserer Argumentation noch stärker auf die unzureichenden Begründungen legen. Zudem gehen wir mit Blick auf unsere bisherigen Erkenntnisse zu den sich nunmehr stellenden Fragen davon aus, dass es noch etliche weitere Angriffspunkte gegen die Prämienerhöhungen gibt. Wir sind daher optimistisch, dass wir Ihr Verfahren für Sie gewinnen können.
Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass sich das für Ihr Verfahren zuständige Gericht stark an der Argumentation des BGH orientieren und nicht auf die Frage der Unabhängigkeit des Treuhänders, sondern auf die anderen Unwirksamkeitsgründe abstellen wird, s. o.
Durch das Urteil des BGH hat sich die Rechtslage deutlich geklärt. Es ist daher ab jetzt sinnvoll möglich, dass wir in einer einzureichenden Klage sowohl auf Überlassung der Unterlagen klagen als auch auf die Durchsetzung der Ansprüche wegen Prämienerhöhungen, die sich dann anhand der zu überlassenden Unterlagen errechnen lassen.
Sollte Ihr Versicherer Ihre Ansprüche bereits abgelehnt haben oder trotz des BGH-Urteils vollständig ablehnen, werden wir Ihre Klage in den nächsten Wochen einreichen, sofern es sich
um einen Fall mit unzureichender Begründung der Erhöhungen handelt.
In allen anderen Fällen – insbesondere bei nicht vollständiger Rechtsschutzdeckung – werden wir in den nächsten Wochen auf Sie zukommen, um angesichts der konkreten Chancen und
Risiken das weitere Vorgehen zu besprechen.
Leider lässt sich in Fällen ohne Rechtsschutzdeckung keine generelle Empfehlung abgeben. Wir würden daher in den nächsten Wochen auf Sie zukommen, um die Risiken und die Vorgehensweise individuell zu besprechen.
Wir werden zunächst noch einmal Ihre Rechtsschutzversicherung kontaktieren, um abzuklären, dass Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten auf Basis der aktuellen Rechtsprechung
übernimmt.
Für den Fall, dass Ihre Rechtsschutzversicherung eine Kostenübernahme ablehnen sollte, siehe die nächste Frage.
Wir werden zunächst noch einmal Ihre Rechtsschutzversicherung kontaktieren, um abzuklären, ob diese die Kosten auf Basis der aktuellen Rechtsprechung nunmehr übernimmt.
Sollte die Rechtsschutzversicherung eine Kostendeckung weiterhin ablehnen, werden wir überprüfen, ob dies zu Unrecht erfolgt. Sollte die Kostenübernahme zu Unrecht abgelehnt worden
sein, werden wir Maßnahmen überprüfen, die Rechtsschutzversicherung zu einer Kostenübernahme zu zwingen. Hierzu werden wir demnächst auf sie zukommen.